Liberale Augenwischerei – die Neo-Religion der Ampel-Regierung

Recht ist immer das Produkt der Moral einer Gesellschaft. Mag es einen kulturübergreifenden Konsens geben bei bestimmten Straftaten wie Mord oder anderen Vergehen, die auf eklatante Weise die Rechte anderer Menschen verletzen, so werden andere Paragraphen hingegen durch Zeitgeist oder einen neuen moralischen Blick geformt. Und das ist gut so. Ein Staat, in dem keine Neubewertung von Gesetzen stattfindet, sei es zugunsten einer Novellierung oder einer vollständigen Streichung, würde nur auf der Stelle treten und ein bürokratisches Monster errichten. Abgesehen mal davon, dass Deutschland bereits ohnehin ein völlig überbürokratisiertes und überreguliertes Land ist und zu einer Verbesserung ein langer Weg vonnöten wäre, ergibt das Vorhaben der Ampel, einige veraltete Paragraphen aus dem Strafgesetzbuch zu streichen, durchaus Sinn. Zumindest dann, wenn die Regierung nicht an anderer Stelle mit völlig unnötigen Gesetzen hervorkommen würde, die der Intension der angerechten Streichung mitunter widerspricht. Zu veranschaulichen möchte ich dies am Beispiel des §166 StGB – den Blasphemie-Paragraphen.

Das große Problem mit §166

An erster Stelle steht die Grundproblematik, dass §166 im Kern die Gefühle einzelner Gesellschaftsgruppen schützt, ein Privileg, das nur Religionsgemeinschaften vorbehalten ist, was diesen damit ein unangemessenes Sonderrecht auf Unantastbarkeit einräumt. Angesichts dessen, dass wir in einem Staatsgefüge leben, in dem offiziell die Trennung von Staat und Religion vorherrscht, ist es mehr als zweifelhaft, weshalb alle politischen Ideen und andere Ideologien, die sich nicht auf ein metaphysisches, transzendentes Wesen berufen, in ihrem ideologischen Kern angegriffen werden können, Religionen aber nicht. Wo sonst bei Beleidigungen es gegeben sein muss, dass die persönliche Ehre angegriffen wird, der Mensch an sich, schützt der Blasphemie-Paragraph rein subjektive Empfindungen, die keinen klaren Kriterien folgen, sondern die Logik der Willkür beschwören. Dieser Paragraph folgt zudem einem voraufgeklärten Rechtsverständnis, in dem Gott, ein unbewiesenes Wesen, als Person betrachtet wird, dessen Ehre es zu schützen gilt. Dazu ist die Formulierung und die Interpretation des Paragraphen als höchst fragwürdig zu erachten. Denn tatsächlich greift die Gotteslästerung erst, wenn diese geeignet ist, die betroffene Glaubensgruppe in Aufruhr zu bewegen.

Legt man diese Interpretation an, dann folgt daraus die Konsequenz, dass die Beleidigung des Christentums legitim wäre, da es von dieser Seite aus so gut wie keine gewalttätigen Ausschreitungen mehr gibt (Proteste einzelner Splittergruppen werden sich natürlich immer finden lassen), während eine Mohammed Karikatur nach dieser Auslegung strafbar wäre, weil islamische Glaubensanhänger gewalttätig werden und regelmäßig in der gesamten islamischen Welt für Furor sorgen. Konsequent umgesetzt würde daraus folgen, dass Charlie Hebdo nach dem Anschlag noch eine Anzeige zu erwarten hätte. Man muss es einfach klar benennen: §166 ist ein präventiver Kotau vor dem religiösen Fanatismus, der Menschen bestraft, die von ihrem Grundrecht Gebrauch machen und sich auf die Seite der Täter schlägt. Ich begrüße es daher, dass dieser Paragraph abgeschafft werden soll, auch wenn ich davon ausgehe, dass der Zentralrat der Muslime im Verbund mit anderen aus fragwürdigen Quellen finanzierten Verbänden aggressive Lobby-Arbeit betreiben wird, um eine Streichung zu verhindern oder für sich selbst noch Sonderrechte herauszuschlagen. Wir werden sehen. Aber wenden wir uns nun dem zentralen Punkt des Artikels zu.

Die Doppelmoral der Ampelregierung

Während also §166 gestrichen werden soll, werden allerdings im gleichen Atemzug andere juristische Monstrositäten ausgearbeitet, die wiederum in die Richtung gehen, die Unverletzbarkeit der Gefühle zu gewährleisten. Das angedachte Selbstbestimmungsgesetz ist ein Musterbeispiel dafür. Wenn es schon zu sanktionieren ist, dass man eine Person mit dem falschen Pronomen oder den Namen anspricht, denn sie vor der Geschlechtsumwandlung hat, dann bewegen wir uns letztendlich wieder auf dem gleichen Level, dass einer Minderheit es zugesprochen wird, dass ihre Gefühle einen übergeordneten Schutzstatus genießen. Noch schlimmer wird es allerdings mit den verschiedenen Meldestellen, die es schon vor der Ampelregierung gab (vor allem im Bereich des Antisemitismus), nun aber nochmal einen deutlichen Aufschwung erlebten. Nordrhein-Westfahlen hat es vorgemacht, einen Pranger einzurichten für angeblich diskriminierende Aussagen, auch wenn diese im Rahmen des rechtlich zulässigen waren. Und nun hat die linksradikale Amadeu Antonio Stiftung eine Meldestelle für Antifeminismus etabliert, bei der das Opponieren gegen das Gendern als Diskriminierung ausgegeben und quasi als Vorstufe zum Femizid ausgegeben wird.

Während die Ampel also veraltete Paragraphen wie den §166 StGB streichen möchte, wird es gleichzeitig vorangetrieben, dass man juristisch völlig legitime Aussagen und Positionen an Meldestellen weiterleiten und als Rassismus, Faschismus, Islamophobie oder sonst einen Spielplatz für postmoderne Intellektuellendarsteller ausgeben kann. Damit richtet man sich also einerseits gegen eine Intension und treibt diese an anderer Stelle voran. Und letztendlich bleibt die Intension bei §166 und bei den Meldestellen gleich: Gefühle zu schützen, bestimmte Gruppen zu privilegieren und sie dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit zu entziehen. Sicher: die Meldestellen haben keine strafrechtlichen Konsequenzen. Hier wirken auf viel perfidere Weise die Mechanismen der Disziplinargesellschaft, in der Moralismus und Gruppenzwang dazu führen sollen, dass sich die Menschen selbst in das gewünschte Korsett zwängen, ganz ohne direkten zwang – ganz nach dem Prinzip der panoptischen Gesellschaft, die Michelle Foucault in „Überwachen und Strafen“ beschrieben hat.


Neo-Religionen erheben sich

Letztendlich läuft es darauf hinaus, dass die klassischen Religionen ihren Schutzstatus verlieren, aber neue Religionen im Sinne woker vermeintlich progressiver Weltanschauungen diesen beanspruchen können. Neil Gaiman hat in seinem Roman „American Gods“ die Thematik der neuen Götter aufgegriffen. Ging es in seinem Fantasy-Werk aber mehr darum, dass die klassischen Götter von der modernen Medienwelt abgelöst wurden, kommt in unserer Realität nun noch eine dritte Partei hinzu. Die Götter der Progressivität, die nicht mehr als Gleichmacherei und Gleichdenkerei erschaffen. Haben Zeus, Odin oder Osiris noch über die Menschen geherrscht, aber deren Unterschiede und Ungleichheit geachtet und waren die klassischen Mythologien voller Heldensagen, die das Heroische, das Individuelle und Herausragende betont haben, werden die Sagen im 21. Jahrhundert voll damit sein, Lobgesänge auf das Erbärmlich anzustimmen, auf das Jammerhafte und auf die Opferinszenierung. Ständig wird das Bild einer vollkommenen Harmonie beschworen, in der jeder das Anrecht darauf hat, von jedem gemocht zu werden, der Fiebertraum eines verkommenen Gottes, der sich selbst Teufel ist und in seinem gespaltenen Wesen allein nur Zerstörung zu bringen vermag und die Menschheit zugrunde richtet.

Die Zerstörung des Traditionellen

Und warum kommt dieser Widerspruch zustande? Warum diese Renormierung, die in der Essenz keine echten Neuerungen mit sich bringt? Letztendlich geht es allein um die Dekonstruktion des Traditionellen. Es ist in Ordnung, Traditionen auch zu hinterfragen. Auch konservativ denkende Menschen sind willens und in der Lage, neue Wege zu beschreiten. Dies war im Wesentlichen auch die Haltung des konservativen Denkers Roger Scruton, der Konservativismus nicht als ein Leben in der Vergangenheit beschrieb, sondern eher die Vergangenheit als Anleitung für die Zukunft. Manchmal kann Neues sinnvoll sein, manchmal ist Bewährtes eben Bewährtes. Die progressive Religion möchte jedoch das Traditionelle grundsätzlich zerstören und die Gesellschaft vollständig umkrempeln, dies aber nur in eine Richtung gedacht. Ohne den Willen, angestrebte Ziele und Neuheiten nochmal zu überdenken und eventuell auch eine Rückbesinnung zuzulassen, wenn diese im Vergleich mehr Vorteile bringt.

Der faschistische Stil

Mit der Überwindung des Traditionellen übernehmen die Progressiven, meist geprägt von dem Klientel, dessen Zunge allzu locker sitzt mit dem Faschismus-Vorwurf, ein Element, das typisch war für den italienischen Urfaschismus. Denn dieser ging Hand in Hand mit der futuristischen Bewegung, die Vorbild war für alle weiteren folgenden avantgardistischen Strömungen. Filippo Tommaso Marinetti stellt in seinem futuristischem Manifest die Demontage der traditionellen Rechten als zentrales Ziel auf. Gegen das Bürgertum. Gegen das Veraltete. Die totale Umwälzung. Viele dieser Thesen flossen in den Mussolini Faschismus mit ein. Dieser Umstand wird gerne unterschlagen. Es war der Publizist Armin Mohler, der über den faschistischen Stil geschrieben hat, und den Kern des Faschismus sowie seinen Wesenszügen in seiner realen historischen Bedeutung dargelegt hat. Die von Umberto Eco als faschistisches Kriterium bezeichnete Hinwendung zum Traditionellen muss zumindest in Bezug auf die ursprünglich faschistische Idee als haltlos bewertet werden. Aber der Traditionalismus ist für die heutigen Kämpfer gegen das Bürgerliche nach wie vor ein vermeintliches Faschismus-Kriterium, ohne das ein echtes Wissen über die Ursprünge des Faschismus besteht. Aber es kommt gelegen, um auch gegen Konservative und Libertäre vorzugehen und gegen alle anderen, die der bürgerlichen Rechten angehören. Zu sagen, dass sich progressive Linke faschistischer Mittel bedienen, ist also nicht nur Kampfrhetorik. Wer das Konservative vollständig hinter sich lassen möchte, der verfolgt tatsächlich die Idee des vom Futurismus angetriebenen Urfaschismus.

Wenn sich die Katze selbst in den Schwanz beißt

Diese unreflektierte Bestrebung, einseitige Progression ohne jeglichen Erhalt von Tradition zu betreiben, führt wiederum dazu, dass zunehmend Elemente in unserer Gesellschaft Platz finden, die dieser Progression wiederum entgegenstehen. Dies bringt uns wieder zum Islam, der zwar bereit ist, sich technisch zu modernisieren, aber nicht im Geringsten dazu, sich mental dem westlichen Freiheitsverständnis und den Werten der Aufklärung anzupassen. Nicht nur, dass die selbsternannten Modernisierer eine Doppelmoral hegen und die traditionelle Religion durch ein Glaubensbekenntnis austauschen möchten, das das Reich Gottes auf die Erde holt in Form der politisch korrekten Vielfaltsgesellschaft, sie verfangen sich so dermaßen in ihren Widersprüchen, dass sie das fördern, was sie ablehnen. Aber das kommt dabei herum, wenn man überhaupt keine Tradition mehr kennt: Man verliert die Orientierung.

Mein Fazit

Ob jetzt das Streichen des §166 sinnvoll ist, darüber kann jetzt jeder seine Meinung haben. Und natürlich wird es auch genug Christen geben, die Blasphemie weiterhin strafbewehrt sehen möchten. Ich selbst unterstütze dieses Vorhaben. Als Atheist sehe ich nicht ein, warum ein unbewiesenes Wesen den Schutz seiner Person genießen sollte. Und wer im christlichen Sinne gütig und voller Nächstenliebe lebt, der sollte die Kraft aufbringen, über Gotteslästerer hinwegzusehen. Was interessiert es einen, wenn man daran glaubt, dass der Blasphemiker in die Hölle kommt, was dieser dann spricht? Und wer auf freie Rede mit Gewalt reagiert, hat in dieser Gesellschaft keinen Platz. Daher spreche ich mich klar für vollkommen gleiche Schutzgüter aus, die eben keine Gefühle umfassen. Was ich mit diesen Beitrag aber betonen wollte, ist die Verlogenheit der Möchtegern-Progressiven, die mit den Mitteln arbeiten, die sie kritisieren und sich in einen Strudel des Widerspruchs manövrieren und dabei das noch fördern, was sie ablehnen. Letztendlich fallen sie der gleichen Krankheit anheim wie alle Kirchen: der Bigotterie.

4 Kommentare zu „Liberale Augenwischerei – die Neo-Religion der Ampel-Regierung

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  1. Fein herausgearbeitet um was es geht. Das rechtliche Substrat auf dem im Sinne eines moralischen Spinning Free jede „vereinzelte“ Wortmeldunge ultimative Entfaltung annehmen kann. Mir tun besonders die Kinder leid, denen ein Leben ohne Ecken und Kanten vorgespielt wird, das es nicht gibt.

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  2. Großes Kompliment Christian. Dass Du den Euro-Islam mit einbezogen hast (und seine Vertreter) ist genial. Darüber hinaus hast Du auch keinen Zweifel daran gelassen, dass wir in die nächste Falle tappen.

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