Mein Austritt aus der FDP

Zu Beginn der Corona Pandemie bin ich in die FDP eingetreten. Wie viele Neumitglieder dieser Zeit deswegen, da die Liberalen von Anfang an die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen angemahnt und den Wert der Freiheit hochgehoben haben, ohne in substanzlose Fundamentalopposition zu verfallen. Über lange Zeit hinweg war ich von der Haltung der Partei auch überzeugt. Und auch heute sehe ich es so, dass sich viele aufrecht liberale Mitglieder finden lassen. An prominenter Stelle seien Wolfgang Kubicki und Linda Teuteberg genannt. Im Rahmen meines Stadtverbands in Heilbronn habe ich auch viele gute Leute kennengelernt, die aus Leidenschaft für eine freiheitliche Gesellschaft eintreten. Allerdings sind jetzt zu viele Dinge auf einmal geschehen, die ich nicht mehr mittragen möchte. Dabei war ich anfangs noch optimistisch, dass die Ampel trotz des linken Einschlags etwas bewirken kann dank des neuen Selbstbewusstseins der FDP, das in nachträglicher Betrachtung nur Kosmetik war.

Der große Popanz über allem: die Impfpflicht

Das große Streitthema, das über allem liegt, ist natürlich die Impfpflicht. Ich selbst bin zwar geimpft, lehne diese aber ab. Meiner Meinung nach lässt sich diese nur begründen, wenn die Chance besteht, Corona durch die Impfung auszurotten oder wenn eine Variante mit signifikant höherer Letalität entsteht. Da beides nicht der Fall ist – eher noch das Gegenteil, dass eine sich aggressiv ausbreitende, aber harmlosere Virenmutation prägend ist – sehe ich keinen Grund für die Impfpflicht. Teuteberg und Kubicki haben zusätzlich genau begründet, warum diese aus liberaler Sicht keinen Sinn macht. Aber es gibt zu viele Mitglieder im Bundestag, die das wohl anders sehen. Das Ganze alleine wäre nicht mal ein Grund für meinen Austritt, da ich Virensituation als ein Ausnahmethema betrachte, bei dem sich die Gemüter heftigst spalten und die Gefühle auch etwas hochkochen. Doch es gibt noch viele weitere Geschehnisse, die Anlass für meine Entscheidung gaben.

Eine kleine Aufzählung

  • Die FDP machte eine ähnliche Kehrtwende bei vielen anderen Themen. Ob bei der Schuldenbremse oder in der Verkehrspolitik. Angekündigte Punkte wurden einfach fallengelassen.
  • Die FDP geht auf Stimmfang bei jungen Generationen, in dem sie sich ständig für die Förderung für E-Sport ausspricht, was an sich nicht verkehrt ist. Wenn man dann aber das archaische Jugendmedienschutzsystem in Deutschland nicht grundlegend angehen möchte – und da gäbe es genug Aufholbedarf – dann wirkt das Ganze nur wie ein Köder und nicht durchdacht. Einfach nur kalkuliert, auf Jungwähler schielend, ohne echte Konzepte verfolgend.
  • Die FDP spricht sich im Programm für ein vernunftgesteuertes Einwanderungsrecht aus, hat in diesem Bereich allerdings fast komplett den roten und grünen Vorstellungen nachgegeben.
  • Bundestagsabgeordnete wie Marie-Agnes Strack-Zimmermann haben sich leider daran beteiligt, die Demonstrationen gegen die Maßnahmen pauschal als Aufmärsche zu verunglimpfen, die von Verschwörungstheoretikern und Rechtsextremen initiiert werden. Als jemand, der an ein paar dieser Demos teilgenommen hat, um sich ein eigenes Bild zu machen, kann ich diese Erzählung nicht bestätigen. Mag sein, dass es einzelne Demos gab, die tatsächlich von Rechtsextremisten geprägt waren, aber von einzelnen Demos ohne Evidenz auf alle anderen zu schließen, ist halt nicht liberal.

Und der wichtigste Grund: Nancy Faeser

Die SPD-Innenministerin hat bereits mehrmals gezeigt, dass sie in einer ideologischen Blase feststeckt und als Innenministerin völlig ungeeignet ist. Angefangen bei ihrer Koalition der Willigen, die alle Verfehlungen der Migrationspolitik fortsetzt und Deutschland noch mehr isoliert. Ihr Aufruf, anstatt spazieren oder demonstrieren zu gehen, lieber daheim zu bleiben, ihre einseitige Fokussierung auf Rechtsextremismus ohne ein Wort zum vereitelten Anschlagsplan von Hamburg und nun ihr Beitrag in einem Magazin, das als linksextrem bewertet wird. Jetzt kann man natürlich sagen, dass ein Koalitionspartner sich nicht für das Verhalten eines anderen Partners verantworten muss und dass einzelne Irrfahrten mal vorkommen können. Allerdings geht es hier um das Ministerium, das für die innere Sicherheit zuständig ist und in diesem Kontext ist es ein schlichter Tabubruch, Beiträge in Medien zu veröffentlichen, die im Visier des Verfassungsschutzes geraten. Man stelle sich vor, ein Unionsminister würde einen Artikel für die Compact oder die Deutsche Stimme verfassen.

Der Inhalt ist in diesem Zusammenhang irrelevant. Denn auch wenn es natürlich löblich ist, das Phänomen von Drohbriefen zu betrachten und für Maßnahmen gegen echten Rechtsextremismus zu plädieren, so muss dies dann auch über Plattformen geschehen, die zweifellos auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen. Andernfalls legitimiert man die Hilfe extremistischer Kräfte, wenn sie dem Zweck dienlich ist. Dass Faser in der Sache nicht einmal Verkehrtes schreibt, macht die Sache also noch schlimmer. Erschreckend ist es, dass sich der FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle eben nur auf diesen Inhalt bezieht und Faeser in Schutz nimmt, ohne zu überlegen, was für ein Signal die Publikation in dem Medium an sich sendet. Gerade in einer Zeit, in der militante Gruppen um die Antifaschistin Lina E. losziehen und meinen, Selbstjustiz gegen Rechtsradikale auszuüben abseits jeglichem rechtsstaatlichen Prinzips erachte ich diese Bagatellisierung einer solchen Veröffentlichung als verheerend. Leider reiht sich Kuhle, ebenso wie Strack-Zimmermann bei ihren Aussagen zu den Corona-Demos, damit in eine Folge von unterwürfigem Verhalten ein, das sich seit dem Fall Kemmerich hindurchzieht. Um bloß nicht in den Verdacht zu geraten, zu rechts zu sein, macht man der politischen Linke wieder und immer wieder Zugeständnisse. Nicht, dass dann mal wieder in der Twitter-Bubble der AFDP Hashtag trendet. Kurz gesagt: Es fehlt an Mut. Vollkommen. Die FDP hat bis auf wenige Ausnahmen ihr Rückgrat verloren. Und ja, ich sage hier nichts Neues. Die Bezeichnung „Umfallerpartei“ geistert ja schon länger umher.

Nun ja: Wer sich allerdings als Partei der Mitte ausgeben möchte, der hätte auf jeden Fall das Wort gegen Faesers Beitrag erheben sollen. Nicht gegen den Inhalt wie gesagt, sondern gegen den Weg der Veröffentlichung. Stattdessen schießt Kuhle aber gegen die Union und verweist mal schnell auf Maaßen als „Verschwörungsideologien“ und bedient sich dabei haargenau des Duktus der Grünen und Linken (Anmerkung: Maaßen hatte mit seiner Aussage, dass Teile der SPD im linksextremen Spektrum wildern wohl doch nicht so Unrecht). Ich weiß nicht, wie andere Bundestagsabgeordnete darüber denken. Aber wenn ein Fraktionsvize so etwas verlauten lässt, dann färbt dies auf die Partei ab und für mich war das jetzt der letzte Tropfen.

Und nun?

Mir tut es echt Leid um alle aufrechten Liberalen wie Kubicki und Teuteberg und auch um den Justizminister Buschmann, der bislang für mich den besten Job in seinem Amt macht unter den FDP-Ministern. Aber solange Personalien wie Kuhle den Ton angeben, die die FDP in eine Grüne 2.0 umwandeln möchten, kann ich diese Partei nicht mehr unterstützen. Es zeigt sich immer wieder, dass die Liberalen massiv gespalten sind zwischen dem rechtsliberalen Flügel und dem Spektrum, das sich mehr dem grünen „Linksliberalismus“ zuwendet. Da aber die Staatsdoktrin des Kampfes gegen rechts vorschreibt, dass alles, was in diese Richtung ansatzweise geht, böse ist, wird der linke Parteiflügel stetig dominanter. Ich habe gehofft, die FDP kann in einer Ampel als Korrektiv wirken, nachdem die Union in ihrem aktuellen Zustand der Wegfindung nicht koalitionsfähig ist, aber leider machen sich viel zu viele Liberale darüber Gedanken, ob sie im wachsamen Augen der Jakobiner aus dem links-grünen Spektrum noch als die guten Gelten. Es wird vermutlich darauf hinauslaufen, dass die Ampel trotz aller eigentlichen Differenzen immer wieder zusammengeflickt wird, egal, wie groß der Riss ist. Solange die FDP allerdings diese Selbstverleugnung betreibt, sehe ich mich dort nicht mehr beheimatet. Somit bleibe ich doch lieber wieder parteilos.

Für alle Liberalen in der FDP habe ich ansonsten nur einen Rat: Habt endlich Eier! Liberal zu sein war nie einfach, da es seit jeher Angriffe von rechts und links gab. Carl Schmitt kritisierte den Liberalismus in seinem „Begriff des Politischen“ wegen seiner Volatilität, die es ermöglicht, einmal mit Linken und einmal mit Rechten zu koalieren. Er bezeichnet den Liberalismus nicht als eigenständige politische Idee, sondern mehr als Korrektiv und daher auch als relativ schwach. Betrachtet man den Habitus der FDP muss man tatsächlich sagen, dass dieser Vorwurf gar nicht so unbegründet ist. Allerdings sehe ich es nicht so, dass echter Liberalismus grundsätzlich die politische Hure ist, als die Schmitt diesen darstellt. Dass das beschriebene Bild dieser Idee entsteht, liegt vielmehr am Menschen, der keinen Mut findet. Denn freiheitlicher Gedanke ist nicht einfach zu verteidigen. War es noch nie. Also FDP: Habt endlich Eier. Vielleicht komme ich ja irgendwann wieder zurück.

5 Kommentare zu „Mein Austritt aus der FDP

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  1. Die FDP hat sich von ihren liberalen Positionen schon lange verabschiedet. Der einzige, der diesen Standpunkt noch hochhält, ist Kubicki. Dafür übernehmen unerträgliche Politfunktionärsvisagen wie eine Strack-Zimmermann die Meinungsführerschaft in der neuen Blockflötenpartei. Auch das Eintreten en für eine Nancy Nutzlos, der Innenministerdarstellerin mit linksradikalen Tendenzen, wäre früher nicht möglich gewesen (abgesehen davon, dass so jemand früher höchstens Putzfrau im Ministerium geworden wäre). Ich hoffe, dass die FDP bei der nächsten Wahl wieder im Orkus verschwindet.

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    1. Ich erachte wie gesagt auch Linda Teuteberg als eine sehr gute Personalie, aber die wurde ja von Lindner leider abgesägt. Keine Ahnung, was da irgendwann mal in der Partei passiert ist, dass diese Unterwürfigkeit zum Dauerzustand wurde. Das, was Konstantin Kuhle aber zu Nancy Faeser verlauten lassen hat, geht gar nicht. Solange seine Aussage als Fraktionsvize die einzige ist, die aus der Partei zu vernehmen ist und es keinen Widerspruch gibt, solange werden sich solche Statements dann eben auch auf die ganze Partei abfärben. Wahrscheinlich ist die Unterstützung doch eher groß. Kubicki war bis heute auch der einzige, der die Antifa Symbolik im Bundestag abgemahnt hat.

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  2. Hallo Christian,

    als Du uns vor einigen Monaten davon berichtet hast, dass Du der FDP beigetreten bist, habe ich irgendwie gefühlt, dass Dein Beitritt nicht von langer Dauer sein wird.

    Ich bedauere Deine Enttäuschung, aber ich denke, dass sie notwendig war, um Dich weiter zubringen in dem Bestreben, sich für eine ehrliche und gerechte Welt einzusetzen, was Du ja jetzt schon mehrfach mit Deinen Beiträgen unter Beweis gestellt hast.

    Den ideal Zustand für uns Menschen, werden wir wohl nie ereichen, aber den Ist-Zustand können wir nicht sang-und klanglos hinnehmen.

    Hast Du richtig gemacht, wenn ich mir erlauben darf, Deinen Austritt zu bewerten. Ciao.

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    1. Ich denke, dass im Großen und Ganzen, das Parteileben für mich nichts ist. Das Verhalten der FDP aktuell dient offenkundig wider besseren Wissens dem Zweck, die Koalition zusammenzuhalten. Ist aber wohl kein Einzelfall in der Politik. Dann betätige ich mich lieber als unabhängiger Beobachter bei meinen Beiträgen und kümmere mich fokussiert um den Blog und mein literarisches Schaffen. Ja, ein Idealzustand ist wahrscheinlich unerreichbar. Aber es ist wie bei Nietzsches Übermensch. Niemand wird diesen Status je einnehmen, doch sollte dieses unerreichbare Ideal dennoch im Blick bleiben, um Verbesserungen so weit wie möglich zu erzielen.

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